Plangebiet Wasserstiege  – So werden wir zukünftig nicht mehr bauen können

Die ca. 20 ha große Freifläche zwischen Dülmener Weg und Bahnhof, genannt Wasserstiege, ist aufgrund ihrer zentrumsnahen Lage und dem Wunsch nach zentralen Grundstücken für Wohnbebauung vor 15 Jahren als Baugebiet entwickelt worden. Seit 2008 gibt es dazu einen rechtsgültigen Bebauungsplan, die Lage der Grundstücke und die Eigentumsverhältnisse mündeten in ein langes und zähes Umlegungsverfahren ein, das jetzt abgeschlossen ist. Im Ergebnis gehören jetzt ca. 1/3 der Grundstücke privaten Eigentümer*innen, 2/3 der Fläche befindet sich in Eigentum der Stadt. Gemäß dem Bebauungsplan haben die privaten Eigentümer*innen jetzt einen Rechtsanspruch die Grundstücke in der im BO10 beschriebenen Weise mit Ein- und Zweifamilienhäusern zu bebauen, zudem besteht ein Anspruch auf eine Erschließung mit Straßen, Kanalisation, Hausanschlüssen aller Art, etc.
Nun hat sich seit Aufstellung des BO10 – einem Zeitraum von 14 Jahren – das Denken und die Einstellung gegenüber den damaligen Grundsätzen für den Umgang mit dieser Fläche geändert.
Zum einen haben wir einen anderen und geschärften Blick auf die Natur, die mit den geplanten Baumaßnahmen zerstört oder in Mitleidenschaft gezogen wird, zum anderen gibt es neue und ständig anwachsende Befunde, die den Verbrauch von Ressourcen, verursacht durch die überwiegend klimaschädigenden Baustoffe verbunden mit einer beständig zunehmenden Bautätigkeit und der Versiegelung neuer Flächen problematisieren.
Das Fazit dieser Befunde lautet schlicht: Nicht nur weltweit ist die Baubranche mit 38% der für die CO2 Emissionen verantwortlich, sondern gerade auch hierzulande und besonders in ländlichen Regionen mit Einfamilienhausbebauung trägt sie die Hauptverantwortung für die Zerstörung der Lebensgrundlagen. Wenn wir die notwendigen Lebensgrundlagen erhalten wollen, dürfen wir nicht mehr so bauen, wie wir es kennen.
Damit steht die lokale Politik vor einer kaum zu lösenden Aufgabe.
  • – Eigentümer*innen haben einen Rechtsanspruch – auch wenn der BO10 alt ist und neue Befunde nicht berücksichtigt, ist die Außer-Kraft-Setzung des BO10 mit hohen Kosten und nicht ohne Folgeprobleme zu lösen. Die Gesetzgebung ist zu schwerfällig, um für diesen Fall einen Handlungsrahmen zu ermöglichen, der erlaubt neue Erkenntnisse einzubeziehen.
  • – Es gibt ein öffentliches Interesse und einen hohen Bedarf an Wohnraum in Borken.
  • – Ein Verzicht auf die Bebauung der städtischen Grundstücke würde den Bedarf an Wohnraum ignorieren und einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten, weil die Erschließung trotzdem finanziert werden muss.
  • – Klimaunschädliche Gebäude und Wohnformen kosten so viel Geld, dass viele Bauwillige von der Ansiedlung ausgeschlossen wären, nur Wohlhabende könnten sich das leisten.
Mit diesen Bedingungen ist ein Handlungsrahmen gesteckt, der aus Sicht der SPD Borken in keiner Weise das erfüllt, was heute bei der Realisierung eines Baugebietes erfüllt werden müsste.
Um aber wenigstens kleine und erste Schritte in eine notwendige Richtung zu gehen, richten sich unsere Forderungen und Aktivitäten nun auf die folgenden immerhin noch möglichen Maßnahmen:
  • – Einer Bebauung stimmen wir vor dem skizzierten Hintergrund zu.
  • – Um ökologische Wertigkeit bestmöglich zu erhalten, plädieren wir dafür, dass ein Teil der städtischen Grundstücke (ca. 10 Grundstücke) unbebaut als ökologische Verbundflächen für Fledermäuse erhalten und aufgewertet werden.
  • – Im Gegenzug sollen ein Teil der übrigen städtischen Grundstücke verdichtet mit Mehrfamilienhäusern und Wohnungsbau bebaut werden (Bedarfsdeckung).
  • – Um sozialen Erfordernissen gerecht zu werden, soll eine Durchmischung von unterschiedlichen Wohnformen realisiert werden (WGs, Mietwohnungen, Eigentum, Freiflächen für Spiel und Begegnung, …)
  • – Der Verkehr soll in dem Gebiet auf ein Minimum beschränkt werden.
  • – Bei der Bauweise sollen die Bauherren motiviert werden ressourcensparend zu bauen, die Stadt soll für innovative zentrale Energieversorgung sorgen (z.B. Ausrichtung der Gebäude auf Nutzung von Solarenergie, Niedrig- oder Null-Energie-Häuser, …)
  • – Von Seiten der Stadt sollen entsprechende Fördermöglichkeiten gesucht werden, denkbar wäre eine Entwicklung als Modellsiedlung.
  • – Städtebaulich soll auf eine identitätsstiftende und gemeinschaftsfördernde Architektur hingewirkt werden (Qualität für Kinder auf den öffentlichen Wegen, Begegnungsmöglichkeiten, Sharing-möglichkeiten, Nachbarschaftshilfe, Kommunikationsräume, etc.)
Wie in unserem Konzept für die Wasserstiege nachzulesen, ließe sich vieles mehr denken (siehe dazu: https://www.spd-in-borken.de/wp-content/uploads/sites/90/2021/06/2021_06_15_Konzept_Wasserstiege_final__1_.pdf
Ob es reicht, was wir in Anerkennung des o.g. Handlungsrahmens hier skizziert haben und vertreten, ist deshalb für uns in der SPD-Fraktion schon fraglich. Wenn sich die politischen Entscheidungsträger der anderen Parteien nun mehrheitlich aber nicht einmal zu diesen kleinen Schritten durchringen können und damit aktuelle Herausforderungen ignorieren, müssen wir auch in der SPD ernsthaft überlegen, ob wir uns nicht gemeinsam mit Anwälten der kommenden Generationen an der jetzt noch freien Fläche festkleben.