„Gesundheit ist kein wirtschaftliches Gut und kein industrielles Produkt, das man herstellen kann wie ein Auto oder einen Computer. Das Ziel, damit Gewinne zu machen, ist grundfalsch“, sagt Dr. Umes Arunagirinathan, von Beruf Herzchirurg, in seinem Buch „Der verlorene Patient“.
Ein Buch, das die Borkener Sozialdemokraten dem neuen Geschäftsführer des Borkener Krankenhauses Dr. Björn Büttner dringend zur Lektüre empfehlen. Dieser hatte sich in einem BZ Interview über die Aufgabe der Geburtsstation in Borken geäußert und behauptet, das Vorhalten einer Geburtshilfe mit weniger als 500 Geburten pro Jahr würde dazu führen, dass es das Krankenhaus in fünf Jahren nicht mehr gebe.
Die Fallpauschalsystematik mit der Folge einer Kommerzialisierung der Krankenhausbehandlungen sei aber bereits vor 17 Jahren eingeführt worden. Geburtsstationen waren seither nie „profitabel“ zu betreiben gewesen. Die Aussagen von Dr. Büttner in dem Interview: „Eine Geburtshilfe mit unter 1000 Geburten pro Jahr ist wirtschaftlich nicht darstellbar“ und „je geringer die Geburtenzahl, desto größer das wirtschaftliche Problem, denn die Kostenstruktur bleibt dieselbe,“ hält die SPD Borken daher für zynisch. Eine Abteilung, die keine Gewinne abwirft, vielleicht sogar Verluste einfährt, könne man schließlich quersubventionieren.
Die Frage sei auch, wie die katholische Kirchengemeinde, immerhin Träger des St-Marien-Krankenhauses, auf die geplante Schließung reagiert. Gehört habe man von Seiten der Kirche bisher nichts. Eine ortsnahe Geburtshilfe diene der sozialen Daseinsvorsorge. Sie dürfe kühlen Gewinnüberlegungen nicht zum Opfer fallen.
Längere Fahrtzeiten seien nicht hinnehmbar. Sie gefährdeten Mutter und Kind. Wenn alle Kreißsäle belegt seien, gäbe es in der Nähe keine Ausweichmöglichkeiten mehr.
Eine unzureichende Betreuung während der Geburt könne zudem zu Komplikationen führen. Mehr Interventionen und weiter steigende Kaiserschnittraten seien die Folge.
Auch die Alternative eines Hebammenkreißsaals, in dem Schwangere von erfahrenen Hebammen eigenverantwortlich betreut werden, müsse geprüft werden. Studien zeigten eine signifikant niedrigere Kaiserschnittrate. Bundesweit gebe es momentan 16 Hebammenkreißsäle.
Politiker nahezu aller Parteien beklagten derzeit den Abbau unserer Gesundheitsversorgung. Sie sei in den letzten Jahren kaputtgespart worden.
Eine Schließung der Borkener Geburtsstation aus rein wirtschaftlichen Überlegungen erteilte auch Landrat Dr. Zwicker eine Absage. In einem Brief an die Krankenhausleitung hielt er solche Überlegungen der Borkener Bevölkerung gegenüber für nur „schwer vermittelbar“.
Die Corona-Krise böte die Chance, in der zukünftigen Gesundheits- bzw. Krankenhauspolitik wieder jene mehr in den Brennpunkt zu rücken, für die sie eigentlich gemacht werden sollte, die Patienten, fordern die Borkener Sozialdemokraten.
Am Ende stellten sich grundsätzliche Fragen. Dürfe man den Augenblick, in dem ein neues Leben das Licht der Welt erblickt, aus rein wirtschaftlichen Aspekten betrachten? Hätte eine Klinikkette, die nach außen hin ihr kirchliches Profil schon durch die Namen ihrer Kliniken pflege, nicht eine besondere Verantwortung gegenüber der Schöpfung? Wenn nur noch rentable Kliniken betrieben würden, wer kümmere sich dann z.B. um Menschen mit „unrentablen“ Erkrankungen?
Darum: Die Geburtsstation in Borken darf nicht geschlossen werden.